Internetshopping, Serienstreaming, Videotelefonie: Was für viele Menschen spätestens seit der Corona-Pandemie selbstverständlich ist, bleibt Menschen mit Behinderung häufig verwehrt. Für die gleichberechtige Teilhabe an digitalen Medien möchte die Diakonie Himmelsthür mit einem PIKSL-Labor sorgen. Dieses wurde am Freitag im Co-Working-Space der Orangery im Hildesheimer Ostend eröffnet.
PIKSL steht für „Personenzentrierte Interaktion und Kommunikation für mehr Selbstbestimmung im Leben“. Ines Trzaska, Vorstandsvorsitzende der Diakonie Himmelsthür, findet die Abkürzung im doppelten Sinn passend: „‘Pixel‘ bedeutet so viel wie Auflösung – und mit dem Labor möchten wir vorhandene Barrieren auflösen.“ Gefördert wird das Vorhaben zur Hälfte von der Aktion Mensch, die andere Hälfte trägt die Diakonie Himmelsthür selbst.
Im Hildesheimer PIKSL-Labor wird es ab sofort kostenfreie Beratungen und Hilfsangebote für digitale Problemstellungen geben. Menschen mit und ohne Beeinträchtigung dürfen die Angebote gleichermaßen in Anspruch nehmen. Auch können Rechner, Tablets und Virtual-Reality-Brillen vor Ort genutzt und ausprobiert werden. Zudem wird es zukünftig digitale Schulungsangebote geben, die auf Anfrage auch extern genutzt werden können. Mit Ramon Büchel hat das Hildesheimer PIKSL-Labor nun eine Leitung gefunden; eine zusätzliche Stelle ist ausgeschrieben.
Hildesheim ist bereits der 13. Standort, an dem ein PIKSL-Labor eröffnet wurde. Weitere sind beispielsweise in Berlin, Köln oder Hannover zu finden. „Die Standorte sind untereinander gut vernetzt, es finden regelmäßige Austauschtreffen statt“, so Bernhard Spelten, zuständig für Netzwerk und Kooperationen der PIKSL-Labore. Er ist an diesem Tag aus Düsseldorf angereist, wo 2011 das erste PIKSL-Labor gegründet wurde. Damals seien Klienten und Klientinnen der „In der Gemeinde leben gGmbH“ zu ihrem Geschäftsführer gegangen und hätten um digitale Weiterbildung gebeten. „Sie hatten Angst, abgehängt zu werden“, so Spelten. Denn noch immer sei es häufig, dass Menschen mit Behinderung keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu digitalen Medien erhielten, da ihre gesetzlichen Betreuer und Betreuerinnen die Internetnutzung für zu gefährlich einschätzen.
Dem wirkt PIKSL durch Vermittlung und Empowerment entgegen: Menschen mit Behinderung werden zu Beratenden fortgebildet, die dann ihrerseits mediale Kompetenzen vermitteln. Wichtig sei die Zusammenarbeit auf Augenhöhe, so Bernhard Spelten. So bringe jede Person unterschiedliche Ressourcen ein. Gerade Menschen mit Beeinträchtigung seien oft geeignete Beratende, da sie geduldig und einfach erklären und kognitive Barrieren schnell ausfindig machen können, so Spelten. Die jeweiligen Kompetenzen würden dann auch zu unterschiedlichen Schwerpunkten bei den PIKSL-Laboren führen: „Es handelt sich zwar um ein Social-Franchising-Modell, aber wir schreiben den einzelnen Standorten nicht vor, wie sie ihr Angebot ausarbeiten sollen.“ In Dortmund läge der Schwerpunkt beispielsweise auf Virtual Reality – „inwiefern sich Hildesheim spezialisiert, wird sich zeigen“, so Ramon Büchel.
Auch Sabine Sonnenberg, Ortsbürgermeisterin der Stadtteile Oststadt und Stadtfeld, ist von dem neuen PIKSL-Labor begeistert. „Vielleicht werde ich auch selbst Kundin“, überlegt sie. Der Bedarf an digitaler Weiterbildung sei auf jeden Fall gegeben.