Am 3. November 1884 gründete Bernhard Isermeyer in Achtum das „Frauenheim vor Hildesheim“. Er bot Frauen in Not ein „Dach über dem Kopf“ an und bereitete sie auf ein Leben in Selbstständigkeit vor – so die Anfänge der Arbeit der Diakonie Himmelsthür. Auch damals schon ging es nach heutiger Begrifflichkeit um Eingliederungshilfe.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges veränderte sich die Arbeit grundlegend. Es wurden drei Zielgruppen definiert: Kinder und Jugendliche, Menschen mit Behinderung und ältere Menschen. Das Frauenheim öffnete sich bald auch Flüchtlingen aus der entstehenden Deutschen Demokratischen Republik (DDR) sowie schwangeren Frauen und ihren Kindern. Mit dem Umzug des Frauenheims nach Sorsum Mitte der 1970er Jahre wurde auch der Unternehmensname modernisiert: „Diakonische Werke Himmelsthür vor Hildesheim“ hieß es nun. Zugleich wurde die Behindertenhilfe zum Schwerpunkt der Arbeit. Seitdem setzt sich die Diakonie Himmelsthür dafür ein, dass Menschen mit Assistenzbedarf nicht ausgegrenzt werden, sondern in gleicher Weise am Leben in der Gesellschaft teilhaben können wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger.
Die Diakonie Himmelsthür bedauert sehr, was frühere Heimkinder in den 1950er bis 1970er Jahren auch in den Häusern des ehemaligen Frauenheims vor Hildesheim erlitten haben und macht sich ausdrücklich die Entschuldigungsbitte zu eigen, die die ehemalige Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann und der ehemalige Direktor des Diakonischen Werkes, Dr. Christoph Künkel, im Oktober 2009 ausgesprochen haben:
„Wir, die kirchlichen und diakonischen Einrichtungen wissen heute, dass bei der Erziehung und Förderung vieler Kinder und Jugendlicher, die uns in den Erziehungseinrichtungen anvertraut waren, vielfach versagt wurde. Wir bitten bei den betroffenen ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern um Entschuldigung und Vergebung. Wir haben aus der Vergangenheit gelernt. Deshalb setzen wir uns in unseren Einrichtungen konsequent für eine Pädagogik ein, die erfahrbar von der bedingungslosen Annahme jedes Menschen durch die Liebe Christi geprägt ist.“
Entschuldigung des ehemaligen Direktors Ulrich Stoebe aus dem Jahr 2011
Seit über zehn Jahren steht das Unternehmen mitten in einem großen Veränderungsprozess: Im Rahmen der Konversion werden die Angebote der Diakonie Himmelsthür dezentraler. Große, komplexe Standorte werden erheblich verkleinert, übersichtlichere und ortsnahe Wohn- und Assistenzangebote werden geschaffen. Als äußeres Zeichen der Veränderung hat das Unternehmen den eigenen Namen im Jahr 2012 noch einmal angepasst und ihm die heutige Form gegeben.
Gleichzeitig mit der Konversion wurden und werden die schon länger bestehenden Angebote weiter differenziert und qualifiziert, um Hilfen individuell und bedarfsgerecht zu gestalten. Mit der Veränderung der Wohnmöglichkeiten entwickelten und entwickeln sich immer noch neue Angebote im Bereich der Tagesförderung und der Beschäftigung.
Im Rahmen einer individuellen Teilhabeplanung wird die Unterstützung in den unterschiedlichen Lebensbereichen aufeinander abgestimmt, und Entwicklungsperspektiven werden aufgezeigt. Durch die Ausrichtung auf eine möglichst umfassende Kundenorientierung beziehungsweise Personenzentrierung möchte die Diakonie Himmelsthür die Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft unterstützen.
Zum Unternehmensverbund gehören sieben Tochterunternehmen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Freunde und Förderer, unter ihnen auch Freundevereine und Stiftungen, die die Arbeit der Diakonie Himmelsthür insgesamt unterstützen und begleiten.
Geschichte im Buchformat
2014 erschien das Buch "Vom Frauenasyl zur Arbeit für Menschen mit geistiger Behinderung - 130 Jahre Diakonie Himmelsthür (1884-2014)" von Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl und Dr. Ulrike Winkler.
"Das Frauenheim vor Hildesheim war bei seiner Gründung im Jahre 1884 einzigartig, aber vorbildlich für eine Reihe von Neugründungen in ganz Deutschland. Kenntnisreich und anschaulich geschrieben, gibt die Studie einen Einblick in die Entstehung des ursprünglichen Asyls für "Korrigendinnen", beleuchtet die verschiedenen Arbeitsfelder der Einrichtung und beschreibt ihre Entwicklung zum überregionalen Anbieter von Dienstleistungen für Menschen mit Assistenzbedarf im historischen, politischen und kulturellen Kontext." (Auszug Klappentext)
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